- AutorIn
- Sebastian Hantschel
- Titel
- Einflussfaktoren auf die Akzeptanz und die Verkehrssicherheit des Radverkehrs im Mischverkehr auf innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen
- Zitierfähige Url:
- https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-820735
- Übersetzter Titel (EN)
- Determinants of the acceptance and road safety of cycling in mixed traffic on urban arterial roads
- Erstveröffentlichung
- 2022
- Datum der Einreichung
- 09.02.2022
- Datum der Verteidigung
- 03.08.2022
- Abstract (DE)
- Das Ziel vorliegender Untersuchung war es, die objektive Verkehrssicherheit und die Akzeptanz verschiedener Mischverkehrsführungen (ohne Markierung, mit Schutzstreifen, mit Piktogrammen) mit einer einheitlichen Methodik zu analysieren und zu bewerten. Dabei standen Hauptverkehrsstraßen im Fokus, die die Anordnung von Radverkehrsanlagen aufgrund räumlicher Restriktionen nicht möglich machen. Aufbauend auf einer Literaturrecherche zu den Vorgaben der Technischen Regelwerke national und international sowie zum internationalen Forschungsstand zu Unfällen (Sicherheitsbewertung unterschiedlicher Mischverkehrsführungen, Unfallkonstellationen, Einflussgrößen), zum Verhalten (Interaktionen, Akzeptanz unterschiedlicher Mischverkehrsführungen, seitliche Abstände zum Fahrbahnrand, Geschwindigkeiten) sowie zur subjektiven Verkehrssicherheit von Verkehrsteilnehmenden (präferierte Radverkehrsführungsform, Verhaltensweisen) wurden die folgenden Forschungsfragen für die vorliegende Untersuchung abgeleitet: Wie ist die objektive Verkehrssicherheit unterschiedlicher Mischverkehrsführungen (ohne Markierung, mit Schutzstreifen, mit Piktogrammen) unter Berücksichtigung der Exposition sowie weiterer signifikanter Einflussgrößen zu bewerten? Welchen Einfluss haben kritische Profile (Fahrbahnbreite = 6,00 m bis 7,00 m) bei der Führung des Radverkehrs im Mischverkehr ohne Schutzstreifen (vor dem Hintergrund der Vorgaben aus FGSV (2010a) und FGSV (2006)) sowie Sicherheitstrennstreifen auf Abschnitten mit Schutzstreifen auf das Unfallgeschehen? Wie ist die Akzeptanz unterschiedlicher Mischverkehrsführungen (ohne Markierung, mit Schutzstreifen, mit Piktogrammen) unter der Berücksichtigung weiterer Einflussgrößen zu bewerten? Welche Erkenntnisse für eine sichere und akzeptierte Führung des Radverkehrs im Mischverkehr lassen sich zusammenfassend ableiten, wobei gleichzeitig Aspekte der subjektiven Sicherheit berücksichtigt werden? Zur Beantwortung der Fragestellungen wurden Daten zu insgesamt 207 Streckenabschnitten in 24 Städten aus vier unterschiedlichen Forschungsprojekten (Schüller et al. 2020b; Ohm et al. 2015; Richter 2019; Koppers et al. 2021) zur Verfügung gestellt, die innerhalb vorliegender Arbeit vereinheitlicht, plausibilisiert und anschließend zusammenfassend ausgewertet wurden. Neben deskriptiven Analysen wurden die Akzeptanz (auf Basis linearer und logistischer Modelle) und das Unfallgeschehen (auf Basis von Poisson- und Negativ-Binomial-Modellen) statistisch analysiert. Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass kein genereller Unterschied im Verkehrssicherheitsniveau zwischen den untersuchten Radverkehrsführungsformen abzuleiten ist, was den Rückschluss zulässt, dass die Anlage von Schutzstreifen nicht zweifellos geeignet ist, den Radverkehr auch bei höheren Kfz-Verkehrsstärken sicher zu führen. Als weitere Einflussfaktoren auf das Unfallgeschehen haben sich u.a. die Radverkehrsstärke, die zulässige Geschwindigkeit, die Anzahl der Knotenpunktarme, die Anzahl unvollständig signalisierter Knotenpunkte und das Vorhandensein von Gleisen (auf Abschnitten mit Mischverkehr ohne Schutzstreifen) als signifikante Einflussfaktoren gezeigt. Auf Abschnitten mit Mischverkehr ohne Schutzstreifen konnte den kritischen Profilbreiten (6,00 m bis 7,00 m) kein Einfluss auf das Unfallgeschehen nachgewiesen werden. Vielmehr sind es nutzbare Fahrstreifenbreiten von > 3,50 m, die die Unfallzahl signifikant erhöhen. Der Breite markierter Sicherheitsräume bei Schutzstreifen konnte innerhalb der Modellierung auch kein signifikanter Einfluss auf das Unfallgeschehen nachgewiesen werden. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass (breitere) Sicherheitsräume auf Abschnitten markiert wurden, weil das Unfallgeschehen auffällig war und sich deshalb kein signifikanter Einfluss ergeben hat. Hinsichtlich der Akzeptanz ist festzustellen, dass sowohl die Markierung von Piktogrammen als auch von Schutzstreifen etwa im gleichen Maße zu einer signifikanten Erhöhung des Anteils der Radfahrenden auf der Fahrbahn führen. Bemerkenswert ist zudem, dass sich mit zunehmender Gesamtverkehrsstärke der Radfahrenden der Anteil der Fahrbahnnutzung erhöht – ein sog. Acceptance-in-Numbers-Effekt. Weitere signifikante Einflussgrößen auf den Anteil der Radfahrenden auf der Fahrbahn sind u.a. die zulässige Geschwindigkeit sowie die Anzahl lichtsignalgeregelter Querungsmöglichkeiten. Die übergreifende Bewertung der Erkenntnisse zur objektiven und subjektiven Verkehrssicherheit sowie zur Akzeptanz hat grundsätzlich ergeben, dass sich bei der Führung des Radverkehrs im Mischverkehr ohne Schutzstreifen sowohl eine niedrige zulässige Geschwindigkeit (< 50 km/h) als auch eine geringe Verkehrsstärke (bis 4.000 Kfz/24 h ohne und 6.000 Kfz/24 h mit Piktogrammen) als günstig erweist. Die Führung des Radverkehrs auf Schutzstreifen weist innerhalb der Modellanwendung bis zu einer Verkehrsstärke von 9.000 Kfz/24 h (bei vzul = 50 km/h) ein durchschnittliches Akzeptanz- und Verkehrssicherheitsniveau auf. Ein hohes Potential für die Erhöhung der Akzeptanz und der Verkehrssicherheit kommt zudem dem Radverkehrsaufkommen selbst zu, da die Akzeptanz mit steigender Radverkehrsstärke unmittelbar zunimmt (Acceptance-in-Numbers) und das Unfallgeschehen mit zunehmender Radverkehrsstärke unterproportional steigt (Safety-in-Numbers). Das heißt, je mehr Menschen Fahrrad fahren, desto höher ist die Akzeptanz und desto niedriger ist das Unfallrisiko der*des Einzelnen. Dies lässt nicht den Rückschluss zu, dass der Radverkehr bei hohen Radverkehrsstärken ohne Bedenken im Mischverkehr geführt werden kann. Vielmehr ist dies ein Hinweis darauf, dass die Führung des Radverkehrs im Mischverkehr attraktiver werden muss, damit diese Führungsform akzeptiert und gerne genutzt wird.
- Freie Schlagwörter (DE)
- Radverkehr, Verkehrssicherheit, Verkehrsverhalten, Unfallmodell, Akzeptanzmodell
- Klassifikation (DDC)
- 380
- Klassifikation (RVK)
- ZO 4340
- ZO 3700
- GutachterIn
- Prof. Dr. Regine Gerike
- Prof. Dr. Jürgen Gerlach
- Den akademischen Grad verleihende / prüfende Institution
- Technische Universität Dresden, Dresden
- Version / Begutachtungsstatus
- publizierte Version / Verlagsversion
- URN Qucosa
- urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-820735
- Veröffentlichungsdatum Qucosa
- 10.11.2022
- Dokumenttyp
- Dissertation
- Sprache des Dokumentes
- Deutsch
- Lizenz / Rechtehinweis
- CC BY-NC-ND 4.0
- Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1.1 Ausgangssituation und Problemstellung 1.2 Vorgehen 2 Rechtliche Regelungen 3 Technische Regelwerke und Empfehlungen 3.1 National 3.2 International 4 Kenntnisstand Forschung 4.1 Unfälle 4.1.1 Erkenntnisse im Überblick 4.1.2 Radverkehrsführungsform 4.1.3 Unfallkonstellationen 4.1.4 Einflussgrößen 4.2 Verhalten 4.2.1 Erkenntnisse im Überblick 4.2.2 Interaktionen 4.2.3 Akzeptanz 4.2.4 Seitliche Abstände 4.2.5 Geschwindigkeiten 4.3 Subjektive Verkehrssicherheit und Präferenzen 4.3.1 Erkenntnisse im Überblick 4.3.2 Präferierte Radverkehrsführungsform 4.3.3 Verhaltensweisen 4.4 Schlussfolgerungen & Forschungsfragen 5 Daten 5.1 Infrastruktur 5.1.1 Untersuchungsabschnitte 5.1.2 Räumliche Abgrenzung 5.1.3 Erhobene Merkmale 5.2 Verkehrsstärke 5.2.1 Erhebung 5.2.2 Hochrechnung Radverkehrsstärke 5.2.3 Hochrechnung Fußverkehrsstärke 5.2.4 Hochrechnung Kfz-Verkehrsstärke 5.3 Unfalldaten 6 Methodik 6.1 Prüfung innerer Abhängigkeiten 6.2 Akzeptanzmodell 6.2.1 Definitionen 6.2.2 Statistische Verteilung 6.2.3 Modellaufbau 6.2.4 Residuenanalyse 6.3 Unfallmodell 6.3.1 Statistische Verteilung 6.3.2 Modellaufbau 6.3.3 Residuenanalyse 7 Analyse Akzeptanz 7.1 Datengrundlage im Überblick 7.2 Innere Abhängigkeiten 7.3 Modelle Anteil Fahrbahnnutzung 7.3.1 Gesamtmodell Anteil Fahrbahnnutzung 7.3.2 Teilmodell Mischverkehr: Anteil Fahrbahnnutzung und Fahrstreifenbreite 7.3.3 Teilmodell Schutzstreifen: Anteil Fahrbahnnutzung und Schutzstreifen-/ Fahrstreifenbreite 7.4 Modelle Anteil linksfahrende Radfahrende auf dem Gehweg 7.5 Modellanwendung Anteil Fahrbahnnutzung in Abhängigkeit ausgewählter Merkmale 7.6 Fazit 8 Analyse Unfälle 8.1 Unfallkollektiv 8.2 Datengrundlage im Überblick 8.3 Innere Abhängigkeiten 8.4 Modelle 8.4.1 Gesamtmodell 8.4.2 Teilmodell Mischverkehr / Piktogramme 8.4.3 Teilmodell Schutzstreifen 8.4.4 Teilmodelle nach Unfalltypen 8.5 Modellanwendung Radverkehrsunfälle in Abhängigkeit ausgewählter Merkmale 8.6 Fazit 9 Synthese & Empfehlungen 10 Methodische Diskussion & Ausblick 11 Zusammenfassung Literaturverzeichnis